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AutorenbildFoot Babbl

Alles ist anders! Anders gut? Julian Nagelsmann und die neue Nationalmannschaft

Ein Schlüsselwort aus der Pressekonferenz von Julian Nagelsmann: Momentum, Momentum, Momentum. Im YouTube-Video Road to Euro von kicker fragt Marc Wiese: Die Entscheidungen von Julian Nagelsmann sind mutig. Zu mutig? Oliver Hartmann, Chefredakteur bei Kicker, antwortet: „Im Prinzip widerspricht das allen Regeln und Grundsätzen des Fußballs. Da muss man schon skeptisch sein.“

Footbabbl sagt: Die Neugier sollte Skepsis übertreffen. Ich bin sehr gespannt auf das, was kommen wird.


Natürlich wird sich das Augenmerk auf die Spiele und deren Ergebnisse richten. Daraufhin werden alle vorigen Schritte je nach Ergebnis erneut bewertet. Aber ich gehe es jetzt mal an wie unser Bundestrainer selbst – nämlich konzentriert auf das Hier und Jetzt. Und das scheint mir als Fußballfan einfach zu gut, um wahr zu sein. Nagelsmann ist mutig. Wenn ich „mutig“ sage, dann meine ich das so und nicht anders. Ich meine nicht gewagt und verstecke auch keine anderen subliminalen Zweideutungen hinter diesem puren Wort.

Wir alle haben gesehen, woran es in den vorigen Turnieren gefehlt hat. Oft haben wir damit argumentiert, dass die Qualität ja da sei, aber irgendwie nicht zum Ausdruck komme. Es waren Fußballer im Kader, deren Talente für sich sprachen. Hatte es für schönen Fußball oder einen ordentlichen Platz im Wettbewerb gereicht? – Die Antwort ist ein klares Nein.

Nagelsmann und sein Team haben wunderbar erkannt, dass Eitelkeit definitiv nicht der Schlüssel zum Erfolg sein kann. Es gleicht einer Person, die einen vollgeschriebenen Lebenslauf bei der Arbeitsstelle vorzeigt, aber wenig bis gar keine dieser in der Vergangenheit stehenden Qualitäten abrufen kann. Vergangenheit ist wichtig und sagt viel über uns aus, aber eben nicht alles. Vergangenheit ist wichtig, denn was wir schonmal gemeistert haben, das stammt von uns, es ist nicht fremd. Was ich einmal hinbekommen habe, das kann ich meistens wiederbeleben, es ist Teil von mir. Aber manchmal braucht es eben auch mal eine Pause. Eine Pause für Goretzka finde ich beispielsweise angebracht. Und zwar nicht, weil er schlecht ist, sondern einfach nur, weil andere gerade besser sind. Zu behaupten, dass er oder andere, die nicht nominiert wurden, ohnehin nichts in der Nationalmannschaft zu suchen haben, hat wenig mit Fußballverständnis und mehr mit irreführender, subjektiver Wut gegenüber ihm und anderen Spielern zu tun. Wie Nagelsmann schon mehrmals unterstrichen hat: für jeden ist kein Platz; auch für jeden, der sehr gut ist nicht. Es ist die Nominierung des besten Teams. Ja, Teams. Es ist nun mal ein Teamsport.

Wenn wir uns den Kader etwas näher anschauen, sehen wir, dass es keinem an Lust und Laune fehlen wird. Es sind nicht nur wahnsinnig gute Fußballer, sondern sehr sympathische Sportler. Einige davon werden zum ersten Mal die internationale Bühne betreten. Viele da draußen sehen genau hier ein Problem und verfallen in Skepsis. Nachvollziehbar, aber nicht notwendig. Diese Tatsache scheint ein Mangel zu sein, aber in Wirklichkeit ist es das, was sie noch qualifizierter macht. Es ist ein Bonus. Denn genau das ist es, was wir den Geist des Anfängers nennen - etwas, das vielen Profis bei den letzten großen Wettbewerben fehlte. Zur Erinnerung: Sie hatten viel Erfahrung, unbestreitbares Talent, aber längst keinen Anfängergeist mehr. Deshalb waren wir wütend auf sie. Gefühlt „standen sie nur da herum“ und haben mit wenig Lust den Ball hin und her geschoben. Ich wage mal zu sagen, dass das nicht mal mehr ansatzweise passieren kann. Warum? Weil wir jetzt neue Gesichter haben. Die Augen funkeln, die Lust ist groß, der Ehrgeiz gigantisch. Klar fehlt dem Stuttgarter Block die internationale Erfahrung. Aber wir sollten uns auf das konzentrieren, was sie haben. Jeder, der sie nur ein einziges Mal hat spielen sehen, weiß, dass es ihnen nicht an Talent und Lust mangeln wird. Diese zwei Dinge, die noch toller werden, wenn sie gleichzeitig vorhanden sind.

Eines der Punkte, die den Vereinsfußball von der Nationalmannschaft unterscheidet, ist meines Erachtens die riesige Lust. Der Verein ist der größte Teil der Arbeitsroutine eines Fußballers. Die Nationalmannschaft hingegen ist der Ort, an dem mehr Emotionen aufeinandertreffen. Es geht um Heimat, das bedeutet Heimgefühl. Gerade als Fußballer möchte man aus unterschiedlichen Gründen hier umso mehr aufblühen. Für sich, für das Trainer-Team, für die Mannschaft. Der frisch nominierte Name wird dem Trainer zeigen wollen, dass es sich gelohnt hat, an ihn zu glauben. Er wird entdecken, dass er mehr kann, als er dachte. Das Publikum wird sich freuen. Die Dinge laufen anders. Anders ist gut.

Stichwort: Publikum. Es ist bereits altbekannt, dass das Publikum bei großen Wettbewerben sehr gemischt ist. Menschen, die sonst nicht unbedingt an der Bundesliga interessiert sind, schaffen im Sommer Platz für Sport und Leidenschaft. Das, was diese Menschen sehen, ist wenig Technik, viel Emotion. Sie werden sich weniger auf die 5-er Kette konzentrieren. Sie werden sich nach der Verbundenheit unter den Spielern sehnen. Ich glaube, dass genau dieser Kader dem Wunsch erfolgreich entsprechen wird.

 

 

 

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